Orgelkonzert | Dresdner Orgelzyklus | Johannes Unger | 12.02.2025

Das erste Orgelkonzert des Dresdner Orgelzyklus in der Kreuzkirche Dresden am Mittwoch, dem 12. Februar 2025 um 20.00 Uhr nimmt starken Bezug zum Dresdner Gedenkmonat insbesondere 80 Jahre nach Kriegsende. Der Solist an der großen Jehmlich-Orgel Johannes Unger aus Lübeck hat für sein Konzert Komponisten und Werke ausgesucht, die in enger Verbindung zu dieser Zeit stehen.

Orgelkonzert mit Geschichtsbezug

Eröffnet wird der Abend mit Introduktion und Passacaglia a-Moll des für die Epoche prägenden Kreuzkantors Rudolf Mauersberger, gefolgt von den Bible Poems, die Jaromir Weinberger nach seiner Flucht in New York komponierte. Sigfried Würzburger wurde 1942 im KZ Litzmannstadt ermordet, von ihm erklingt Passacaglia und Fuge über „Kol Nidre“. Mit Jean Langlais „Neuf Pieces por Grand Orgue“, die er seinem 1940 gefallenen Kollegen Jehan Alain widmete und Marcel Duprés 1945 entstandenen Paraphrase sur le „Te Deum“ endet das Konzert mit französischer Orgelmusik.

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Orgelkonzert mit Johannes Unger aus Lübeck

Johannes Unger, geboren 1976 wuchs in Halle/Saale in einem musikalischen Elternhaus auf. Er studierte in Leipzig und Kopenhagen Klavier, Orgel und Kirchenmusik. 2009 wurde er zum Organisten der Marienkirche Lübeck gewählt und ist somit 10. Nachfolger von Dieterich Buxtehude. Im Jahre 2022 übernahm Johannes Unger auch das Amt des Domorganisten in Lübeck.

Orgelkonzert

Kreuzkirche Dresden
Mittwoch, 12. Februar 2025, 20.00 Uhr (Einlass 19.00 Uhr)

Dresdner Orgelzyklus
Wie liegt die Stadt so wüst
Werke von Rudolf Mauersberger, Marcel Dupré, Jean Langlais und Günter Raphael
Johannes Unger (Marienkirche und Dom Lübeck)
19.19 Uhr: Unter der Stehlampe
Orgelwein und Organist im Gespräch – Erhellendes und Berauschendes zum Konzert

Tickets zum Preis von € 8 pro Person (ermäßigt € 6) sind über die Website der Kreuzkirche sowie an der Konzert- und Abendkasse erhältlich. Bereits um 19.19 Uhr laden Johannes Unger und Kreuzorganist Holger Gehring „Unter der Stehlampe“ zum Künstlergespräch in die Schützkapelle der Kreuzkirche ein.

Konzertprogramm:

​Rudolf Mauersberger (1889-1971, Kreuzkantor 1930-1971)
Introduktion und Passacaglia a-Moll
(komponiert 1914)

Jaromir Weinberger (1896-1967, geflohen 1938)
Bible Poems
(komponiert 1939 in New York)
Nr. 1 Bleib bei uns, denn es will Abend werden
Nr. 2 Jesus geht über den See
Nr. 3 Die Hochzeit von Kana in Galiläa
Nr. 4 Hosanna
Nr. 5 Das letzte Abendmahl
Nr. 6 Höre, Israel                                                        

Sigfried Würzburger (1877-1942, im KZ Litzmannstadt ermordet)
Passacaglia und Fuge über „Kol Nidre“ 
 
Günther Raphael (1903-1960)
Fantasie und Fuge über den Choral „Christus, der ist mein Leben“
(komponiert 1945)
 
Jean Langlais (1907-1991)
aus „Neuf Pieces por Grand Orgue“
(komponiert 1942):
Chant de paix   
Chant héroïque (gewidmet Jehan Alain, gefallen 1940)

Marcel Dupré (1886-1971)                        
Paraphrase sur le „Te Deum“ op.43
(komponiert 1945)

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Orgelkonzert mit Johannes Unger aus Lübeck

Johannes Unger, geboren 1976 wuchs in Halle/Saale in einem musikalischen Elternhaus auf. Er studierte in Leipzig und Kopenhagen Klavier, Orgel und Kirchenmusik. Zu seinen Lehrern gehören Ullrich Böhme, Markus Tomas und Hans Fagius. Er gewann drei international renommierte Orgelwettbewerbe: Den Orgelwettbewerb Odense im Jahre 1998, den Bachwettbewerb im Bach-Jahr 2000 in Leipzig und den St. Albans Organ Competition (GB) im Jahre 2001.

Er wurde im Jahr 2009 zum Organisten der Marienkirche Lübeck gewählt und ist somit 10. Nachfolger von Dieterich Buxtehude. Im Jahre 2022 übernahm er auch das Amt des Domorganisten in Lübeck.

Zu seinen Aufgaben gehört das Musizieren in Gottesdiensten und Konzerten. Er gründete darüber hinaus das Ensemble „Capella St. Marien“ und das Ensemble „Marien Brass“. Er initiierte die „Buxtehude-Tage Lübeck“ und setzt sich für den Neubau der Orgeln an der Marienkirche ein. Er ist Mitglied im Beirat der Int. Dieterich Buxtehude-Gesellschaft e.V. und unterrichtet an der Musikhochschule Lübeck.

Johannes Unger musizierte mit renommierten Musikern und Ensembles, darunter sind der Thomanerchor Leipzig, der Dresdner Kreuzchor, der Dresdner Kammerchor, die Klangkörper des MDR und der Thüringischen Akademischen Singkreis. Konzerte führen Johannes Unger regelmäßig in viele Länder der Welt. Es entstanden zahlreiche CD- und Rundfunkaufnahmen.

Große Jehmlich-Orgel der Kreuzkirche Dresden, Eventmanagement, Orgelkonzert
Große Jehmlich-Orgel der Kreuzkirche Dresden

In diesem Jahr, am 8. Mai begehen wir das Ende des zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren.

Diesem furchtbarsten Ereignis in der jüngeren Menschheitsgeschichte fielen über 50 Millionen Menschen weltweit zum Opfer. Am 13. Februar 1945 erfolgte kurz vor Kriegsende die großflächige Zerstörung der Elbestadt Dresden. Und viele Städte in Europa erlebten vorab solche Ereignisse und tragen diese im Gedächtnis.

Dieses Konzertprogramm ist eine Aneinanderreihung von Werken und deren Schöpfer jener Zeit. Sie alle waren dem Krieg ausgeliefert und setzten ihm mit ihrer Musik etwas entgegen.

In Dresden und weit darüber hinaus wohlbekannt ist Kreuzkantor Rudolf Mauersberger, dessen Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“ mit der Zerstörung Dresdens eng verknüpft ist. Mauersberger, der in Leipzig studierte, schrieb für seine Examina größere Orgelwerke, worunter Introduktion und Passacaglia in a-Moll ganz im Sinne seiner Lehrer R. Teichmüller, G. Ramin und S. Krehl. Die Einflüsse Max Regers, der ebenfalls in Leipzig unterrichtete, sind ebenfalls zu hören. Mauersberger erlebte den Luftangriff und verlor zahlreiche Mitglieder des Kreuzchores, die Kreuzkirche mit der Orgel und die Notenbibliothek.

Der in Prag geborene Jaromír Weinberger wechselte im Studium von Prag nach Leipzig in die Kompositionsklasse von Max Reger. Seine erste Oper „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“ machte ihn schlagartig bekannt. Schon im März 1933 wurde die Aufführung seiner Musik verboten. Als Jude musste er kurz nach der Reichsprogrom-Nacht in die USA fliehen. In New York angekommen, schrieb er Orgelmusik, die schon kurze Zeit später erfolgreich verlegt werden konnte. Darunter sind die sechs „Bible Poems“, kurze musikalische Bibel-Kommentare. Der Komponist selbst schrieb dazu, dass es sich hier nicht um Programm-Musik handelt, sondern um symbolische Impressionen, nichts Theologisches.

Sigfried Würzburger studierte in Frankfurt und wirkte von 1911-1938 als Kantor und Organist an der dortigen Synagoge. Drei seiner Söhne gelang die Flucht nach Amerika. Er, seine Frau und ein vierter Sohn wurden in Konzentrationslagern ermordet. 

Die Passacaglia und Fuge über die Melodie des jüdischen Gebetes „Kol Nildre“ erklang 1933 das erste Mal in der Hauptsynagoge in Wiesbaden. Vielen ist die Tonfolge auch bekannt durch das Werk Kol Nidre op. 47 für Cello und Orchester von Max Bruch. Würzburger schreibt fünf Variationen und unterbricht sie durch kurze Kadenzen. In der anschließenden Doppelfuge werden weitere Themen des Gebetgesanges verarbeitet.           

Günther Raphael entging nur knapp der Verfolgung. Ärzte und Schüler versteckten ihn bis Kriegsende in einem Sanatorium. Er hatte sich mit Tuberkulose angesteckt und litt bis zu seinem Lebensende an dieser Krankheit. Bis zum Auftrittsverbot wurde Günther Raphael bereits von den Orchestern u.a. in Dresden und Leipzig gespielt. Trotz Gefahr und Krankheit entstanden zahlreiche Kompositionen. Darunter im Jahr 1945 die Fantasie und Fuge über den Choral „Christus, der ist mein Leben“, ein dramatisches Werk, welches den Choral als erlösendes Element in den Mittelpunkt stellt.

Marcel Dupré und Jean Langlais mussten auch im Angesicht der Weltkriege ihren künstlerischen Weg gehen. Dupré als Sanitäter in Lazaretten des ersten Weltkrieges und Langlais mit der Einschränkung der Blindheit im besetzten Paris. 1942 entstanden seine „Neuf Pièces“, woraus die zwei unterschiedlichen Werke „Chant des Paix“, als ein Sehnen nach Frieden und „Chant héroïque“, als eine dramatische Anklage erklingen. Letzteres in Trauer um den verlorenen Freund und hochbegabten Komponisten Jehan Alain, der 1940 bei Saumur fiel.

Marcel Dupré komponierte 1945 im bereits befreiten Paris die Paraphrase über das „Te Deum“. Es handelt sich um eine Toccata mit kurzen melodischen Zwischenspielen und einem kurzen furiosen Finale.

Johannes Unger