„Das sanfte Licht der Weihnacht“ | Bach: Weihnachtsoratorium 4-6 | 11.01.2025
15. Januar 2025
„Dresdner Kreuzchor mit Bachs Weihnachtsoratorium – Am Sonnabend schloss der Dresdner Kreuzchor seine Aufführung von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium mit den Kantaten 4 bis 6 ab. Das jedes Jahr wiederkehrende Ereignis erlaubt interessante Vergleiche, etwa in Bezug auf die Solisten. Doch sind auch darüber hinaus Unterschiede auszumachen, die teils einer Entwicklung folgen mögen, teils vielleicht einem spontanen, temporären Reflex entsprechen, der im und mit dem Kreuzchor im Laufe der Proben entsteht. So schienen die Kantaten 4 und 5 diesmal milder zu leuchten, was wiederum Strahlkraft und Aussage der sechsten betonte.
Trotz des im Vergleich zu Festgestus von „Jauchzet, frohlocket!“ im Dezember deutlich sanfteren Beginns fühlte man sich am Sonnabend sogleich wieder „mittendrin“ in der Erzählung, gefangen genommen von Bachs Musik. Der Kreuzchor hatte den Anschluss sofort wieder hergestellt. Nachdem das Weihnachtswunder, die Geburt Jesu, bereits geschehen war, verbreiteten Benedikt Kristjánsson (Evangelist) und Bass Tobias Berndt die süße Botschaft mit leiser Freude, bevor mit der Echo-Arie ein erster Höhepunkt erklommen wurde. Im Orchester sorgten Undine Röhner-Stolle und Guido Titze (Oboen) für den instrumentalen Teil, Kruzianer Simeon Anwand übernahm wie im letzten Jahr das Echo (natürlich von der Chorempore). Diesmal gelang die Arie noch feiner als 2024, was nur zum Teil an Sopran-Solistin Rinnat Moriah lag, sondern am Orchester, den Oboen und dem Sopran-Echo, das noch ein wenig wohlgesetzter und gedehnter schien.
Weihnachtsoratorium 4-6 in der Kreuzkirche Dresden
Feinsinnige Akzentuierung
Die Akzente des Chores setzte Kreuzkantor Martin Lehmann bewusst, kehrte den festlichen Charakter des Schlusschorals in Kantate 4 vor allem instrumental heraus, um im folgenden „Ehre sei dir, Gott, gesungen“ (Beginn Kantate 5) die Lebhaftigkeit in den Chor selbst zu legen. Auch zwischen einzelnen Zeilen nutzte Lehmann den Gestaltungsraum, um durch Dämpfung und Forcierung für Spannung zu sorgen („Dein Glanz all Finsternis verzehrt“, ebenso „Zwar ist solche Herzensstube“). Späterer Höhepunkt war „Ich steh‘ an deiner Krippen hier“ in der letzten Kantate, bei dem der Text a cappella und durch differenzierte Pausentrennung hervorgehoben wurde.
Den fünfte Teil prägte Susanne Langner mit melodisch reichen Rezitativen, teils eng gefasst mit dem Chor („Wo ist der neugeborne König der Jüden?“), wobei die Altistin ähnlich wie Kristjánsson über eine lichte Höhe verfügte, die den hellen, freudigen Charakter der Musik unterstrich. In der Arie „Ach, wenn wird die Zeit erscheinen“ von Sopran, Alt und Tenor war ihre herausgestellte und relativierende beziehungsweise versichernde Funktion („Schweigt, er ist schon wirklich hier“) noch in der Position zwischen den beiden anderen Solisten und im Rücken von Lehmann verankert.
Mit dem „Herr, wenn die stolzen Feinden schnauben“, ohne jede Milde, sondern mit zuversichtlicher Freude, unterstrich der Kreuzchor seine Führungsrolle im Weihnachtsoratorium. Tobias Berndt und Rinnat Moriah zeigten deutlich die Falschheit von Herodes‘ Aussage, das Kind anbeten zu wollen – Bach hatte dies mit Melisma ins Wanken gebracht und das Falsche die Tonleiter herunterfallen lassen.
Abschließend blieb dem Kreuzchor mit „Nun seid ihr wohl gerochen“ ein echtes Finale – möge seine Zuversicht lange anhalten!“
Wolfram Quellmalz | 14.01.2025 | DNN Kultur | „Das sanfte Licht der Weihnacht“