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„Ehre sei Gott in der Höhe“ | Weihnachtsoratorium mit dem Dresdner Kreuzchor 2024


17. Dezember 2024

Der Dresdner Kreuzchor war mit Teil 1 des Weihnachtsoratoriums in der Kreuzkirche. Hier hält man noch an einer lange bestehenden Tradition fest. Der Dresdner Kreuzchor singt das Weihnachtsoratorium von Bach in zwei Teilen: Im Advent die Kantaten 1-3 und später im Januar die Kantaten 4-6. Damit ist man aufführungspraktisch und ideell Bach sehr nahe. Der Thomaskantor schrieb seine damals gar nicht so beachtete Kantatensammlung unter Berücksichtigung der 1734 aktuellen sächsischen Feiertagslage um das Weihnachtsfest, für jeden eine. An eine Komplettaufführung dachte er nicht, wäre auch zu anstrengend gewesen für alle Beteiligten. Dass Bach dafür im Parodieverfahren allerlei vorhandene Kompositionen verwendete, sei erwähnt.

Weihnachtsoratorium, Kantaten 1-3 mit dem Dresdner Kreuzchor

Über der Aufführung unter Kreuzkantor Martin Lehmann lag sehr viel Ruhe (was nicht mit Langeweile zu verwechseln ist), innere Einkehr und das unermüdliche Bestreben, dem wie immer zahlreichen Publikum in der Kreuzkirche nahezubringen, worauf es bei diesem Oratorium eigentlich ankommt. Es ist eben nicht nur der berühmte Eingangschor, sondern die Freude und Zuversicht, die aus der Geburt Christi erwächst. In diesem Gestaltungsansatz waren sich Kreuzkantor und Kreuzchor absolut einig. Das gilt auch für die musikalisch Seite, für die Martin Lehmann ein reiches Maß an Sorgfalt und Präzision verlangte und auch erhielt. Vielleicht wirkte der Chorklang nicht ganz so frisch wie im vergangenen Jahr. Aber sei es drum – die Adventszeit ist für den Chor mehr als anstrengend und das kann auch mal seinen Tribut fordern. Die Botschaft kam jedenfalls herüber und das musikalische Niveau war insgesamt wunderbar, sehr schön ausgewogen der Gesamtklang, biegsam. Erneut war es eine Freude, Kreuzkantor und Chor bei der Erkundung der Choralpalette zu folgen – eine spannende Angelegenheit, wo Martin Lehmann nicht die kleinste Kleinigkeit dem Zufall überließ. So plausibel differenziert hört man etwa den Choral „Wie soll ich dich empfangen“ kaum, so voller unverfälschter Freude „Brich an, o schönes Morgenlicht“ ebenfalls nicht. Zu einem wahren Meisterstück geriet der sich über passacaglia-artigen Bassfiguren entwickelnde Satz „Ehre sei Gott in der Höhe“ in seiner überzeugenden Eindringlichkeit.

Dresdner Kreuzchor, Weihnachtsoratorium 2024
Dresdner Kreuzchor (c) Martin Jehnichen

Die Dresdner Philharmoniker, die treuen Partner an den Orchesterpulten, hatten einen großen Abend. Sie kamen mit den Intentionen des Kreuzkantors bestens zurecht, flexibel und ausdrucksstark, von den vortrefflichen Soloinstrumenten ergänzt. Das begann schon mit dem faszinierenden Glanz der Trompetengruppe, angeführt von Andreas Jainz und setzte sich u.a. mit der schmeichelnd schönen Solovioline von Heike Janicke in der Altarie „Schließe, mein Herze“ fort. Und was die Flötistin Marianna ZoƗnacz bot, war schlicht und ergreifend eine Wonne – so herrlich feine, blitzsaubere Flötengirlanden.

Ein durchweg gutes Soloquartett stand zur Verfügung, mit der Altistin Marie Henriette Reinhold, die vor allem an Verzierungen der Arien ihre Freude hatte und dem erfahrenen, kraftvollen Bass Christian Immler. Marie-Sophie Pollak kam achtbar durch die Engelsverkündigung und das Duett. Bei aller Einsatzbereitschaft hätte ich mir vom Evangelisten Raphael Höhn ein Mehr an individueller Gestaltung und stimmlicher Prägnanz gewünscht. Warum man sich entschied, die eindringliche Ruhe der Wiedergabe durch das ständige auf und ab der Solisten von ihren seitlich angeordneten Plätzen zu stören, erschloss sich nicht so recht.

16.12.2024 | Mareile Hanns | DNN Kultur | „Ehre sei Gott in der Höhe“

Dresdner Kreuzchor, Weihnachtsoratorium 2024
(c) Martin Jehnichen