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„Von Hiobs Botschaften“ | Vocal Concert Dresden in der Kreuzkirche | 30.08.2025


2. September 2025

Peter Kopp und das Vocal Concert Dresden gehören neben dem Dresdner Kreuzchor zu jenen Ensembles, welche die Dresdner Kreuzkirche am häufigsten und sichersten mit musikalischem Leben ausfüllen. Zu manchen Anlässen, wie der jährlichen Aufführung des Deutschen Requiem von Johannes Brahms, vereinen sich beide Chöre. Für den elften Sonntag nach Trinitatis hatte Peter Kopp ein Programm zusammengestellt, das sich intensiv mit dem musikalischen Wirken in der historischen Dresdner Schloßkapelle befaßte.

Vocal Concert Dresden gestaltete zweite Kreuzvesper des Schuljahres

Da fällt jedem Musikfreund zunächst der Name Heinrich Schütz ein, doch finden sich in der langen Reihe der Hofkomponisten und Kantoren zahlreiche weitere Schaffende, deren Werke nicht übersehen werden sollen.

Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden
Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden

Antonio Scandello, in Bergamo geboren, konvertierte, nachdem ihn Moritz von Sachsen auf seiner Italienreise 1549 gewonnen hatte, 1562 zum Protestantismus und erlangte in Dresden das Amt des Kapellmeisters, wurde später Vizekapellmeister und schließlich Hofkapellmeister. Das Kyrie aus seiner Missa super Epiphaphium Mauritii a 6 voci von 1553 bot eine berauschende Polyphonie – dieserart muß die Musik gewesen sein, die den Kurfürsten überzeugt hat. Das Vocal Concert Dresden beeindruckte in der trotz Kammerbesetzung großen Ausgewogenheit und Präsenz in der sechsstimmigen Komposition.

Mit Heinrich Schütz‘ »Meine Seele erhebt den Herren« (aus Zwölf geistliche Gesänge, SWV 426) stand mit einer Schlichtheit dagegen, die den Text fließend und eingängig präsentiert. Peter Kopp hob Schütz‘ Stimmung ausgeglichen heraus, der durch sorgsame Textbehandlung immer wieder auf den Inhalt lenkt (»Er denket der Barmherzigkeit«), ohne sich auffallend affektiver Mittel zu bedienen.

Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden
Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden

»Ich danke dem Herrn« (Der 111. Psalm, aus Zwölf geistliche Gesänge, SWV 424) folgte dem, wobei das Vocal Concert hier den wogenden Stimmverlauf stärker herauszeichnete und mit dem fugierten »Amen« einen Höhepunkt schuf.

Obwohl diesmal ausschließlich Alte Musik präsentiert wurde, stellte sich doch eine gedankliche Verbindungen mit modernen Werken ein wie den neuen Introitus des Kreuzchores, sei es in der Textbehandlung und -transparenz, sei es in der Aufstellung der manchmal ungleichen Teilchöre.

Auch Christoph Bernhard, dem nachgesagt wird, ein Meisterschüler Heinrich Schütz‘ gewesen zu sein, steht heute hinter demselben zurück. »Habe deine Lust an dem Herrn« (aus Geistliche Harmonien, 1665) vergoldete den Text sozusagen musikalisch, indem es den kurzen Vers wie einen Leitspruch wachsen ließ.

Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden
Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden

Manuel Rotter spielte zu dieser Kreuzvesper die große Jehmlich-Orgel (Continuoorgel: Sebastian Knebel), hatte bereits den Einzug gestaltet und begleitete später das Gemeindelied. Johann Sebastian Bachs Triosonate C-Dur (BWV 529) schien, auf Allegro und Largo reduziert, merkwürdig beschnitten – warum bei einem so kurzen Werk? So überwog eher der Eindruck des unvollständigen.

Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden
Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden

Hans Leo Haßler gehört ebenfalls in die Reihe der Kapellmeister und Hofkomponisten, die in der Schloßkapelle tätig waren. Wobei Haßler gar keines der genannten Ämter bekleidete, sondern »nur« Kammerorganist war. Allerdings unterschied ihn noch etwas anderes von seinen Kollegen: er hatte sich in Nürnberg mit dem Uhrmacherhandwerk und Feinmechanik befaßt und Musikautomaten hergestellt!

»Si bona suscepimus de manu Domini« a 8 voci aus Haßlers »Florilegium portense« von 1618 sorgte mit ungleichen Teilchören (Gewichtung von Männer- und Frauenstimmen) für einen Wohlklang, an den sich »Herr, kehre dich doch wieder zu uns« (aus »Geistliche und Weltliche Teutsche Geseng», Wittenberg 1566) von Matthäus le Maistre anschloß. Dieser, ein franko-flämischer Exot am Dresdner Hof, hatte dem Text einen schwebenden Charakter verliehen, der durch schlichte Melodieführung statt durch prachtvolle Polyphonie berührt. Auch Johann Walters fünfstimmiges »Nun bitten wir den heiligen Geist« (aus »Geistliche Gesanck-Buchleyn«, Wittenberg 1525) bestach vor allem durch Schlichtheit, was a cappella noch unterstrichen wurde.

Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden
Vocal Concert Dresden, Vesper in der Kreuzkirche Dresden

Für einen fürstlichen oder himmlischen Abschluß sorgte einer der bekanntesten Namen aus der Reihe der Renaissancekomponisten: Michael Praetorius‘ »Herre, nun läßest du deinen Diener« (aus Musae Sioniae, Teil V) bereitete eine Himmelsmusik mit hohen Sopranen – erstaunlich, wie sauber und unangestrengt diese wirkten.

Da bleibt die Frage, ob dies »nur« eine Vesper war oder ob das Programm noch mehr Niederschlag finden wird.

1. September 2025 | Wolfram Quellmalz | NMB | „Von Hiobs Botschaften“

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