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„Orgelkonzert wie aus dem Osternest“ | Dresdner Orgelzyklus mit Tjark Pinne am 23.04.2025


27. April 2025

Orgelkonzert in der Kreuzkirche Dresden: „Kurz nach Beginn der Osterzeit bot Tjark Pinne, seit kurzem Domorganist in Oslo, den Besuchern des Dresdner Orgelzyklus‘ in der Kreuzkirche ein Programm, das fast ein wilder Mix war. Mit „Victimae paschali laudes“ (Singt das Lob dem Osterlamme) hatte er sich ein österliches Thema ausgesucht, das in einer Choral-Improvisation erklang. Im Verbund mit Bach, Tunder und unterhaltsamen Bearbeitungen hatte Tjark Pinnes Titelfolge aber eine Vielfalt, die nicht nur Farben, sondern auch Inhalte einschloss – Ostereier mit Nougatfüllung und Eierlikör sozusagen.

Tjark Pinne spielte in der Kreuzkirche

Obwohl das den roten Faden vermissen ließ, zeigte es die Vielgestaltigkeit der Jehmlich-Orgel, mit der sich die Stile und Musikzeitalter darstellen lassen. So verblüffte Charles-Marie Widors Moderato (Symphonie Romane) nicht allein mit einem sinfonischen oder französischen Gestus, den man unmittelbar erwartet hätte, sondern mit der Wandlung des darin enthaltenen Themas. Fast als würden Psalmverse moduliert (wie man es eher bei Bach erwartet), veränderte sich das Thema, bevor es schließlich – der sinfonischen Erwartung gemäß – wuchs und lichter wurde.

Gleich zweimal folgte „Christ lag in Todesbanden“: zunächst in der Choralbearbeitung von Johann Sebastian Bach (BWV 625), dann als Choralvorspiel von Franz Tunder. Der direkte Vergleich ist natürlich reizvoll. Bach wählte dafür eine kurze, fast knappe Art, welche die frohe Oster-Botschaft in einen freudig strahlenden Hymnus kleidet. Tunders sehr viel früher entstandenes Choralvorspiel erwies sich dagegen als ungemein ausgefeilt.

Orgelkonzert zu Ostern

Zunächst verkündeten die Bläserregister das Thema, das danach wieder und wieder umgewandelt wurde. Nicht Sinfonie oder Polyphonie prägten das Stück, sondern ein aus einzelnen Tönen zusammengesetzter Klang. Besonders reizvoll gelangen Tjark Pinne die Echos, die von weither oder von draußen zu kommen schienen. Von Jean-Philippe Rameau sind keine Originalwerke für Orgel überliefert, doch Yves Rechsteiner hat Instrumentalstücke aus Rameaus Opern bearbeitet, die Tjark Pinne in zwei Abteilungen – fast wie eine Suite – spielte.

Ein unterhaltsames Wiederhören, denn viele der Werke (Air tendre en trio sur les flûtes aus „Zoroastre“ oder Tambourins aus „Les Indes galantes“) gehören zu den Bekanntesten der Alten Musik. Wegen seines lebhaften, mitreißenden Charakters erfreut sich der „Danse des Sauvages“ (Tanz der Wilden) bei Publikum und Ensembles größter Beliebtheit. Tjark Pinne bewies, dass sich Bläser, Streicher und Tamburins auch auf einer Orgel darstellen lassen – köstlich!

Orgelkonzert Dresdner Orgelsommer, Orgelseminar
Große Jehmlich-Orgel der Kreuzkirche Dresden

Aber wie bitte passte Johann Strauss‘ „Die Fledermaus“ ins Programm? Weil die Operette an einem Ostersonntag uraufgeführt wurde? Anders als bei Rameau, für den die Orgel ein neues „Kleid“ entworfen hatte, erwies sich das Instrument bei der Ouvertüre zur „Fledermaus“ als Imitationshilfe (Transkription: Natalia Uzhvi), denn hier erweckte es nahezu alle Instrumente, wie sie auch im Orchester erklingen.

Mit Charles Tournemires Choral-Improvisation über „Victimae paschali laudes“ kam er wohl zum Hauptwerk des Abends. Sie begeisterte durch einen freien, eben wie improvisiert scheinenden Umgang mit dem Thema, expressiv zunächst, geradezu phosphoreszierend, als solle der Choral illuminiert werden.“

Dr. Wolfram Quellmalz | 25.04.2025 | DNN Kultur | „Orgelkonzert wie aus dem Osternest“

Orgelkonzert mit Tjark Pinne