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„Anwalt großer Orgelmusik“ | Konzert mit Jean-Christophe Geiser am 13.08.2025


17. August 2025

Orgelzykluskonzert in der Kreuzkirche Dresden: „Große Instrumente scheinen es Jean-Christophe Geiser, Titularorganist von Kathedrale Notre-Dame Lausanne, angetan zu haben. So war er auch für die Konzeption der Fisk-Orgel in Lausanne verantwortlich, die 7313 Pfeifen auf 135 Registern vereinigt. Doch alle Register gleichzeitig zu spielen, klingt gar nicht so gut, wie Geiser im Vorgespräch „Unter der Stehlampe“ verriet.

Vielmehr sieht das Konzept – und das ist weltweit einmalig – vor, dass vier verschiedene Orgelstile enthalten sind, um wesentliche Epochen der Orgelhistorie abbilden zu können. Daher können Teile der Orgel im Stile Arp Schnitgers (norddeutsch-barock), François-Henri Clicquots (altfranzösisch), Aristide Cavaillé-Colls (französisch-symphonisch) und Friedrich Ladegasts (deutsch-romantisch) klingen.

Orgelkonzert mit Jean-Christophe Geiser

Unter den vielen Orgeln weltweit, die Geiser bereits gespielt hat, ist ihm das Instrument von Jehmlich in der Dresdner Kreuzkirche offenbar sehr gelegen, was ebenso an der Orgel wie am Raum liegt, schließlich klingt das Instrument nicht allein. Konzertsaalorgeln, war im Vorgespräch ebenso zu erfahren, müssten in einer viel trockeneren Akustik ohne viel Nachhall auskommen. Ein Nachteil, den es beim Spielen auszugleichen gilt, der aber mit dem Instrument ad hoc nichts zu tun hat.

Jean-Christophe Geiser kehrte an die Jehmlich-Orgel der Kreuzkirche zurück.

Für sein Programm hatte sich Geiser erneut große Werke ausgewählt, wie Johann Sebastian Bachs „Sei gegrüßte, Jesu gütig“ (BWV 768). Es ist gleichzeitig die größte Partita in Bachs Orgelœuvre. So zeigte sich aber auch, dass auf der Dresdner Orgel ebenso verschiedene Zeitalter und Stile darstellbar sind. Einige der Variationen stehen noch in der Tradition Georg Böhms, für die Geiser silbrige Renaissanceklänge fand, was ihn aber nicht davon abhielt, in den anderen das Funkeln und die barocke und freie Verspieltheit des Bach-Zeitalters aufleben zu lassen. Verblüffend war, dass Charles-Marie Widors Neuvième Symphonie en ut mineur, „Symphonie gothique“ genannt, harmonisch an Bachs Partita anzuschließen schien.

Jean-Christophe Geiser, Orgelmusik, Orgelkonzert
Jean-Christophe Geiser (c) Nicolas Wintsch

Allerdings nahm sie sinfonischen sofort einen anderen Verlauf, der mit verschiedenen Themen arbeitet und diese auch einmal zugunsten einer Stimmung in den Hintergrund rückt. Eine flimmernd-vibrierende Begleitung zur liedähnlichen Melodie bildete den Mittelteil, an den sich als Quasi-Finale ein flammendes Allegro mit choralähnlichem Thema und fast clusterartig gefächerten Klängen anschloss und in einen hymnischen Epilog mündete. Der eigentliche Schlusssatz begann wie ein Postludium, variierte aber über choralartige Teile mit Bezügen zum ersten Satz.

Guy Ropartz‘ Prélude funèbre hatte schon beim letzten Konzert von Geiser in Dresden für einen kontemplativen Moment des Innehaltens gesorgt. Das verhältnismäßig kurze Stück mit seinem an sich übersichtlichen Tonraum birgt über Modulationen und einen crescendierenden Abschnitt den Charakter eines Nocturnes.

Dramaturgisch geschickt war damit für einen Übergang zu Louis Vierne gesorgt. „Epitaphe“ (aus den „Pièces en style libre“) folgte verschiedene Linien, ähnlich Verstexten (eines Nachrufes), die sich singend vereinigten.

Auf den sinfonisch-stimmungsvollen Mittelteil des Konzerts stimmte Geiser Viernes prächtiges Carillon de Westminster (aus den „Pièces de Fantaisie“) über das Geläut von Big Ben (der zum Palace of Westminster gehört) an. Aus einem stimmungsvollen Schimmer auftauchend, durchdrang das berühmte Motiv des Geläuts allmählich die anfangs improvisatorisch wirkende Substanz.

Als Zugabe wählte der Organist eines seiner Lieblingswerke aus dem Bereich der profanen Musik: Louis-James-Alfred Lefébure-Wélys Boléro de concert.“

15.08.2025 | DNN Kultur | Wolfram Quellmalz | „Anwalt großer Orgelmusik“ | Orgelkonzert

Jean-Christophe Geiser, Orgelmusik, Orgelkonzert
Jean-Christophe Geiser (c) Nicolas Wintsch