„Hochromantisch“ | Dresdner Kreuzchor und MJO im Konzert am 24.10.2025
30. Oktober 2025
„Konzert des Kreuzchores und des Felix Mendelssohn Jugendorchesters: In den aller seltensten Fällen sind Jugendorchester eine Enttäuschung. Dafür befindet sich ihr Können zumeist auf ganz hohem Niveau. Und ihr noch von Routine (im negativen Sinne) unbeschädigtes Tun, ihr Eifer und ihr Engagement macht so manche Schwierigkeit wett, von der man auf den ersten Blick meint, dass das gar nicht gehen kann. Festzustellen, dass das aus Hamburg angereiste Felix Mendelssohn Jugendorchester (MJO) genau diese Tugenden in all ihrer Schönheit mitbrachte, war die Extrafreude an diesem Abend in der Dresdner Kreuzkirche.
Dresdner Kreuzchor und Felix Mendelssohn Jugendorchester
Und natürlich weiß der geübte Besucher des Dresdner Kreuzchores, dass Felix Mendelssohn Bartholdy in diesem Chor eine feste Heimstatt hat, was zum Beispiel etliche Vespern beweisen. Insofern war es eine sehr schöne Idee, eine enge Verbindung zwischen Chorwerken − in diesem Falle Choralkantaten und Motetten − mit dem Namenspatron des Orchesters (er war ja geborener Hamburger) herzustellen.
Unter der Leitung von Kreuzkantor Martin Lehmann präsentierte sich der Dresdner Kreuzchor stimmlich und gestalterisch einfach wunderbar, stilistisch voll und ganz auf Mendelssohn eingestellt und mit dessen filigraner Satztechnik vertraut. So unaufdringlich schlicht und zugleich tief berührend, in ihrer Aussage auf den Punkt gebracht, wird man die Stücke wohl nicht gleich wieder hören. In sich und mit dem Orchester war man in schönster Homogenität verschmolzen.

Da faszinierten gleich die erste Choralkantate in ihrer Zuversicht verbreitenden Botschaft „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ und natürlich die innige Leuchtkraft des „Mendelssohn-Hits“ „Denn er hat seinen Engeln befohlen“. Souverän und sicher, wie man es von ihr gewohnt ist, setzte die kurzfristig eingesprungene Heidi Maria Taubert ihren schönen, klaren Sopran ein, etwa im flehentlichen „Hör mein Bitten“. A-Cappella-Gesang vom Allerfeinsten und Ausdrucksdichte wohnten der Motette „Mein Gott, warum hast du mich verlassen“ inne, der der große Klagepsalm 22 zugrunde liegt. Fazit: Romantik voller Schmelz und Kraft – aber eben nicht gefühlstriefend oder unwirklich.
Das Ende 1894 in Amerika entstandenen Cello-Konzert h-Moll op. 104 von Antonin Dvorák passte mit seiner großen, hochromantischen Emotionalität perfekt zum ersten Konzertteil. Hatte sich das MJO bereits vorher als sehr feinfühliger und eigene Akzente setzender Mitgestalter hervorgetan, so bot es beim Dvorák nun unter der Leitung von Clemens Malich großes Orchesterspiel. Mit welcher Akribie sich die jungen Leute in das in feinen Farben konturierte Stimmgewebe vertieften und vor allem wie fantasievoll sie den Dialog mit dem Solisten Friedrich Thiele ausbauten – das muss man erlebt haben.

Das fügte sich so gut zusammen, wie man es nur immer wollte. Abgesehen von dem flexiblen Streicherfundament waren es vor allem die Bläser, die sich in ihrer Pracht nicht aus der Ruhe bringen ließen und Glanzlichter setzten (Allegro). Orchester samt Dirigent und Friedrich Thiele waren in Gefühlstiefe und rationalem Erfassen des Konzerts engstens verbunden.
Thiele wusste seinem Instrument nicht nur einen betörenden, runden Klang zu entlocken, genoss hörbar den Farbenreichtum des Stücks, er ließ es schmeicheln, in feinsten Nuancen schimmern, innigen Balsam verströmen ( ein traumhaft schönes Adagio), hatte aber auch am turbulenten Finale seine Freude.“
27.10.2025 | DNN Kultur | Mareile Hanns | „Hochromantisch“