„Voller Überzeugung“ | Vesper mit dem Landesjugendchor Sachsen
11. März 2024
„Die Vesper zum Sonntag Lätare bot wieder einmal Gelegenheit, dem Landesjugendchor Sachsen unter Ron-Dirk Entleutner in der Kreuzkirche zu begegnen. Und wieder fällt das Urteil ausgesprochen positiv aus: Dieser unter dem Dach des Sächsischen Chorverbandes stehende Chor ist ein echter Schatz, einer, den es mit allem Engagement zu hegen und zu pflegen gilt, auf dass er weiter wunderbare Blüten treibt. In heutigen Zeiten, wo es mit Chorgesang an Schulen nun wahrlich nicht gut bestellt ist, kann man sich darüber nur von Herzen freuen.
Die jungen Leute zwischen 15 und 27 Jahren treffen sich in Arbeitsphasen (deren erste jetzt in Dresden endete) zu Chorprojekten mit ausgewählten A-cappella-Programmen. Ron-Dirk Entleutner, ein ehemaliger Thomaner und nun renommierter Chordirigent, hat das Ensemble fest im Griff und vermag sowohl höchste Qualitätsansprüche wie Freude am Singen zu vermitteln. Man hat einen klaren Zugang zur gewählten Literatur gefunden, so dass im Ergebnis eine überzeugende, aber eben auch ungezwungene Gestaltung herauskommt. Das Klangbild ist sehr flexibel, gekonnt ausbalanciert zwischen den Stimmgruppen, durchsichtig. Stimmliche und gestalterische Sensibilität sind die Grundlage, aus der alles erwächst. Der Landesjugendchor Sachsen ist bestens auf A-cappella-Gesang eingeschworen, kennt da keinerlei Klippen.
Landesjugendchor Sachsen in der Dresdner Kreuzkirche
Schon der einleitende in klarer Durchsichtigkeit leuchtende Satz „Timor et tremor“ von Orlando di Lasso blieb im Ohr. Tief in romantische und spätromantische Gefilde tauchte Ron-Dirk Entleutner hernach ein, zuerst mit der Bruckner-Motette „Os justi meditabitur“. In welch wunderbar verinnerlichter, aufblühender Klangsprache wurde sie hier gesungen. Behutsam und feinfühlig formten sie Mendelssohn Bartholdys „Am Neujahrstage“ aus. Das war etwas für feine Ohren auf allen Seiten.
Ganz am Ende seines Lebens schuf Max Reger seine Acht Geistlichen Gesänge op. 138, deren erster „Der Mensch und bestehet nur eine kleine Zeit“ in dieser Vesper mit aller Eindringlichkeit zu Gehör kam.
Ron-Dirk Entleutner hat ein Faible für selten aufgeführte Sätze, hier für das „Miserere mei, Deus“ des Schotten James MacMillan. Der groß angelegte Bußpsalm (Psalm 51) hat es vor allem wegen seiner Expressivität und ausdrucksmäßigen Vielfalt in sich. Der Chor wusste mit dessen Farbigkeit, den oft heftigen Kontrasten, aber auch dessen klanglichen Schmelz ohne Fehl und Tadel und sehr spannend umzugehen.
In seinen Worten mahnte Superintendent Christian Behr nachdrücklich dazu, bei allen Widrigkeiten des weltlichen Daseins sich auf die Freude am Glauben zu besinnen – etwas, was die ganze Vesper überstrahlte. Nach dem Gemeindelied „Jesu, meine Freude“ war der Weg zu einer anderen Bach-Motette „Komm, Jesu komm“ nicht weit. In kunstvoller Doppelchörigkeit angelegt und in eine schlichte Arie mündend, bot der Landesjugendchor Sachsen bei seiner Wiedergabe eine wundervolle, in sich geschlossene Leistung. Als Hörer spürte man förmlich, wie „müde der Leib ist“ oder genoss das sehr präzise gesungene Fugato „Komm, ich will mich dir ergeben“.
Die Vesper wurde mit einer flüssigen, spannungsvollen und kurzweiligen Interpretation von Bachs Präludium und Fuga f-Moll (BWV 534) durch Wolfram Hoppe abgerundet.“
Mareile Hanns | 10.03.2024 | DNN Kultur | „Voller Überzeugung“