Selten wird eine Glocke in Dresden so lange geläutet haben.

Am frühen Morgen des 1. Mai 2023 gegen 6.50 Uhr ging es los.

Die größte aller Glocken des historischen Geläuts der Kreuzkirche in Dresden ließ den Klöppel anschwingen. Die tiefe E-Glocke ist sonst nur an großen Fest- und Feiertagen über den Dächern der Stadt Dresden zu hören. Und ganz allein erklingt sie lediglich zu sehr besonderen, eher traurigen Gedenktagen, wie etwa am 13. Februar.

Vielleicht war es dem ruhigen und eigentlich unaufdringlich feierlichen Ton der größten der Kreuzkirchenglocke zu verdanken, dass nicht früher ein „Alarm geschlagen“ worden war.

Am Montagmorgen des 1. Mai 2023 waren es um 10 nach Acht der Dompfarrer der Kathedrale und wenig später die aufmerksamen Beamten der Einsatzleitstelle der Dresdner Polizei, die den Pfarramtsleiter Pfarrer Holger Milkau (61) per Telefon auf das Dauerläuten aufmerksam machten. Seine Wohnung ist in der Südvorstadt – und bis dahin drang der Klang der sonore E-Glocke nicht vor.

Man hätte sich einen angenehmeren Start in den Maifeiertag vorstellen können. Milkau verlies sofort seine Wohnung und brach mit der Tram 3 Richtung Kreuzkirche auf, wo er um 09.01 Uhr das Geläut zum Ruhen bringen konnte.

Die Ursache? Keinerlei Einbruchspuren in der Kirche oder Hinweise auf Fremdeinwirkung. Vermutlich waren es Interferenzen, die der üblicherweise ferngesteuerten Glocke einen Anstoß um Läuten gaben.

Die große E-Glocke trägt die Inschrift: Land, Land, Land, höre des Herrn Wort. Pfarrer Milkau schließt nicht aus, dass darum das anhaltende Läuten über der Landeshauptstadt am Maifeiertag erklungen ist.