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„Darum wurde die Kreuzkirche nur schlicht wiederaufgebaut“


24. Februar 2025

„Sie steht dort, als wäre sie immer da gewesen: Die Dresdner Kreuzkirche gehört zu den Wahrzeichen der Stadt. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde sie mit einem schlichten Inneren wieder aufgebaut und 1955 mit einem Festgottesdienst wiedereröffnet.

Seit Jahrhunderten wacht das Gotteshaus am Altmarkt über die Stadt. Bei der Zerstörung Dresdens während der alliierten Luftangriffe am 13. Februar 1945 brannte es komplett aus. Die Kreuzkirche wurde wieder aufgebaut und exakt zehn Jahre später mit einem Festgottesdienst neu eingeweiht – vor 70 Jahren, am 13. Februar 1955.

Mit einem Festgottesdienst öffnete die Dresdner Kirche vor 70 Jahren wieder.
Die schlichte Innengestaltung hatte nicht nur finanzielle Gründe.

„Die ehrwürdige Dresdner Kreuzkirche – über 400 Jahre Heimstätte des Dresdner Kreuzchores – wird am 13. Februar wieder ihre Pforten öffnen, um viele Christen der Elbestadt zu einem Gedenkgottesdienst für die zehntausenden Opfer des schweren anglo-amerikanischen Bombenangriffs vor zehn Jahren aufzunehmen“, kündigte die Sächsische Zeitung damals in knappen Sätzen das Ereignis an.

Die Geschichte der Kreuzkirche Dresden
Kreuzkirche Dresden vor 1945

Unter Glockengeläut drängten sich die Menschen in den wiedererstandenen Kirchenraum, der in schlichter Form wieder aufgebaut worden war. Dem Weihegottesdienst mit Landesbischof Gottfried Noth am Vormittag folgten am Nachmittag und Abend die Aufführungen des „Dresdner Requiems“ durch den Kreuzchor unter Rudolf Mauersberger. Er hatte unter dem Eindruck eigener Erlebnisse bei der Zerstörung der Stadt das Werk selbst komponiert.

die Geschichte der Kreuzkirche Dresden

Die Kreuzkirche ist eines der ältesten Gebäude der Stadt, mit mehr als 3000 Sitzplätzen eine der größten Kirchen Deutschlands und zugleich Dresdens größter Konzertsaal. Seit dem späten 12. Jahrhundert steht sie an der Südostecke des Altmarktes. Dort gab zunächst vermutlich eine romanische Basilika, die Nikolaikirche, benannt nach dem Schutzpatron der Kaufleute.

Verheerendes Feuer von 1491

Als Konstanze von Österreich 1234 den Markgrafen Heinrich heiratete, brachte sie als Hochzeitsgeschenk einen Splitter des Heiligen Kreuzes mit, der in einer angebauten Kreuzeskapelle als Reliquie verehrt wurde. Wahre Pilgerströme sollen wegen des Splitters nach Dresden gekommen sein. Allmählich übertrug sich der Name von der Kapelle auf die gesamte Kirche, sodass die Kirche offiziell den Namen „Zum Heiligen Kreuz“ bekam. Bei dem großen Stadtbrand am 15. Juni 1491 brannte das Gotteshaus ab und wurde acht Jahre später als dreischiffige Hallenkirche neu gebaut.

1539 wurde sie schließlich die Hauptkirche der Stadt. Nachdem sie dann 1760 von preußischer Artillerie zertrümmert wurde, wurde sie 1765 abgerissen und nach dem Krieg von 1764 bis 1792 in einer Mischung aus Spätbarock und Klassizismus wieder aufgebaut. Die äußere Gestalt des Baus blieb bis jetzt erhalten.

1897 brannte es abermals. Nur die Umfassungsmauern und der Turm blieben erhalten. In einer Rekordzeit von drei Jahren wurde das Gebäude in den üppigen und blumigen Formen des Neobarocks und des Jugendstils im Inneren wiederhergestellt und 1900 geweiht.

Nach den Luftangriffen 1945 brannte die Kirche abermals aus, die Dachkonstruktion aus Stahl wurde zusammengedrückt, die Grundsubstanz jedoch war erhalten geblieben. Schon im Frühjahr 1946 wurde die Instandsetzung beschlossen. Doch die Beräumung zog sich in die Länge und war 1951 erst zur Hälfte geschafft. Mit dem Wiederaufbau wurde der Architekt Fritz Steudtner beauftragt, ein Schüler Heinrich Tessenows.

Der Wiederaufbau war in zwei Stufen geplant: Zunächst sollte die Kirche nur notdürftig wieder hergerichtet werden, um sie nutzen zu können. Die weitere Ausgestaltung des Innenraumes sollte erst später erfolgen – zumal für die Wiederherstellung des Zustandes vor der Zerstörung das Geld fehlte.

Die Geschichte der Kreuzkirche Dresden
Kreuzkirche Dresden vor 1945

Schon 1946 war das Dach geschlossen und die Kupferbedeckung repariert worden, Fenster und Türen wurden neu eingesetzt und die zum Teil noch erhaltene Heizung wurde an die städtische Fernwärmeversorgung angeschlossen. Die noch erhalten gebliebenen Jugendstil-Reste wurden jedoch abgeschlagen. Durch das Feuer habe sich der Stuck vom Untergrund gelöst, hieß es.

Zudem wurden die historisierenden Baustile wie der Neobarock und selbst der Jugendstil damals nicht sonderlich geschätzt, sodass es Steudtner wohl nicht schwerfiel, fast die gesamte architektonische Ausschmückung der Jahrhundertwende zu entsorgen. Nur wenige Elemente blieben erhalten. Noch 1954 wurde schließlich auch der Hochaltar abgebrochen, der auf Fotos von 1949 einen noch einen gut erhaltenen Eindruck macht. Das ungeschützt aufgehängte Altarbild auf einer Leinwand hatte das Inferno wie durch ein Wunder überstanden. Übrig blieb die Predella, der Altarsockel, mit Ähren und Weinranken verziert, letzte Reste der einstigen Jugendstil-Auschmückung der Kirche.

Ein neuer Wandputz wurde aufgebracht. „Um jeder späteren Ausgestaltung nicht vorzugreifen, wurde ein Rauputz gewählt, der eigentlich nur als Unterputz dienen sollte“, schrieb Steudtner. „Bald aber wurde deutlich, dass sich durch diesen Rauputz die Raumakustik deutlich verbesserte.“ Der Raum zeige sich in „einer Großzügigkeit, abgewogen in guten Verhältnissen, wie sie nicht schöner erdacht werden kann.“ Einfache lackierte Bänke ersetzten das frühere Eichengestühl. Das Gestühl auf den Emporen war von der Sächsischen Dampfschifffahrtsgesellschaft geliehen. Auch die kleine Orgel war ein Leihinstrument. Erst 1963 erhielt die Kirche wieder eine eigene, große Orgel.

Immer wieder ist auch in der Folgezeit eine neue Ausgestaltung der Kirche debattiert worden. Mittlerweile gilt jedoch das Nachkriegsprovisorium selbst als denkmalwürdig. Die hohen, grauen Wände und die einfache Gestalt der Kirche erinnern an die Not nach dem Krieg und laden zur Besinnung ein.

Selbst der Hochaltar, dessen damaliger künstlerischer Wert mittlerweile als unumstritten gilt, wurde bei einer Sanierung 2006 nicht wieder rekonstruiert. Der Rauputz wurde mit heller Tünche versehen, es gab ein neues Gestühl auf neuen Fußbodenplatten.“

Ralf Hübner | 15.02.2025 | Sächsische Zeitung, Lokales | „Darum wurde die Kreuzkirche nur schlicht wiederaufgebaut“

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