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„Der Kreuzchor holt sich die Johannespassion zurück“ | 18.04.2025


24. April 2025

Dresdner Kreuzchor mit Bachs Johannespassion: „Es ist Ostern. Eine Woche feiert die Kirche, mindestens. Allerdings hat sie auch erst am Sonntag begonnen. Davor stand die Passion, in Gottesdiensten und in der Musik. Für Kenner von Bachs Passionen nimmt die nach Johannes einen ganz besonderen Rang ein. Robert Schumann hielt sie für „um vieles kühner, gewaltiger, poetischer, als die nach … Matthäus.“ Vielleicht ist das der Grund für eine in diesem Jahr augenfällige Häufung der Aufführung gerade dieser Passion.

Erstmals nach 12 Jahren präsentierte das weltberühmte Ensemble in seiner Heimatkirche das große Werk von Bach.

Anders als die Dresdner Kapellknaben vor zwei Wochen wählte Kreuzkantor Martin Lehmann deren inzwischen gebräuchlichste Fassung mit „Herr unser Herrscher“ am Beginn. „…lass dein lieb Engelein“ als Schlusschoral, mit großem Orchester, zwei Tenören für Evangelist und Arien sowie einer Sängerin für die beiden Sopranarien. Damit ist ihm eine sehr differenzierte, eindringliche Interpretation gelungen, die Gründonnerstag und Karfreitag die Zuhörer in der Kreuzkirche fesselte.

Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion
Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion in der Kreuzkirche Dresden am 17.04.2025 (c) Martin Jehnichen

Wieder einmal zeigt sich die besondere Klasse der jungen Sänger

Das Orchester, die wie immer souveräne Dresdner Philharmonie, entfaltete mit einem halben Dutzend Soli, dazu Gambe, Kontrafagott, Cembalo und Orgel, einen sehr breit aufgestellten und exzellent musizierten Klangkosmos. Allerdings liegt der Hauptpart natürlich im Vokalen. Wie Lehmann, die handlungstragenden Turben, die reflektierenden freien Chöre differenzieren und sogar in den Chorälen noch Registerabstufungen zwischen den Strophen finden kann, unterstreicht die besondere Klasse des Kreuzchores. Und wie die Jungen das scheinbar ermüdungsfrei umsetzten, fordert höchsten Respekt.

Dresdner Kreuzchor mit Bachs Johannespassion

Gelungen war auch die Auswahl der Solisten. Hanna Herfurter beeindruckte in den stimmungsvollen Sopranarien. Mit wie viel Gefühl sie „Zerfließe mein Herz“ ausgestaltete, Kunstfertigkeit in den Dienst des Ausdrucks stellte, war sehr bewegend. Altus Tim Mead beherrscht das ebenso souverän. Seine Arie „Es ist vollbracht“ mit dem berühren-
den Solo der Viola da Gamba und dem radikalen Bruch zu „Der Held aus Juda siegt mit Macht“ war packend und berührend in Einem.

Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion
Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion in der Kreuzkirche Dresden am 17.04.2025 (c) Martin Jehnichen

Der Evangelist stemmt sich herzhaft gegen Petrus’ Verrat

Nach der Absage von Wemer Güra übernahm Wolfgang Lattke die Rolle des Evangelisten. In breiter Gestaltungspalette interpretierte er die Geschichte spannungsvoll. Überaus sinnvolle Übergänge schuf er zu anschließenden Chören und ließ keine Zeit für Distanz. Tobias Hunger war kurzfristig für die Tenorarien eingesprungen. In der ersten war er kraftvoll, sich gerade zu herzhaft gegen Petrus’ Verrat stellend. Ganz anderen, lyrischen Ausdruck entfaltete er in der zweiten, die den blutgefärbten Rücken des gegeißelten Jesus mit dem Versöhnungsregenbogen nach der Sintflut vergleicht. Überzeugend ergänzten die Bassisten André Morsch (Jesus) und Jonathan Sells (Arien) das Ensemble.

Johannes beschreibt die Passion Jesu aus der Perspektive des Siegers. Jesus ist schon im Beginn der „Herr, unser Herrscher“. Der Tod mit all seinem Leid dient seiner Verherrlichung in der Auferstehung. Damit öffnet er dem Hörenden eine Perspektive, die über Schmerz und Leid triumphiert.“

22.04.2025 | Jens Daniel Schubert | SZ Dresden | „Der Kreuzchor holt sich die Johannespassion zurück“

Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion
Dresdner Kreuzchor, J.S. Bach, Johannespassion in der Kreuzkirche Dresden am 17.04.2025 (c) Martin Jehnichen