„Vielfalt dreier Zeitalter“ | VokalChoral in der Vesper am 22.11.2025
25. November 2025
„Ensemble VokalChoral in der Dresdner Kreuzvesper: Regelmäßige Besucher der Dresdner Kreuzkirche kennen das Ensemble VokalChoral von Marcus Steven seit langem, spätestens seit ihrer Beteiligung an den Striezelmarktmusiken der letzten Jahre. Neben dem Leiter, der den Baß übernimmt, singen darin Lara Hölzel und Gertrud Günther (Sopran), Aenne Stauner (Alt) sowie Stephan Keucher (Tenor). In der Vesper vor dem Ewigkeitssonntag präsentierten sie ein großes Programm, das durch die einzeln besetzten Stimmen eine besondere Klarheit erfuhr.

Auf den ersten Blick hatte VokalChoral viele Werke im Programm, doch erwiesen sich die überwiegend kurzen Lieder als klug komponiert und sinnig in drei Blöcken zusammengefaßt, die Renaissance und Barock, Moderne und Gegenwart sowie Romantik überstrichen.
Kreuzorganist Holger Gehring hatte mit der Orgel bereits einen eher dunklen, gedämpften Einzug bereitet, an den sich in der Stimmung Johann Herrmann Scheins »Ihr Heiligen, lobsinget dem Herrn« (aus dem »Israelsbrünnlein«) nahtlos anschloß. Der Ensembleklang konnte a cappella seine besondere, spirituelle Wirkung entfalten. Für Betonungen genügten dabei kleine, aber zielgerichtete Hinweise, wie eine Steigerung auf dem Wort »Freude«. »Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters« von Melchior Franck (aus dem Gemmulae evangeliorum) behielt bis zum hellen Nachhall diesen Charakter, nicht zuletzt, weil Markus Steven die Tempi so gestaltete, daß einerseits Verse hervorgehoben wurden, andererseits der Fluß flexibel blieb.
Ensemble VokalChoral in der Dresdner Kreuzvesper
Nach den beiden ruhigeren Titeln erfuhr das Programm mit Heinrich Schütz‘ »Die mit Tränen säen« (aus der Geistlichen Chormusik) eine Belebung, auch hier auf die Worte bzw. den Vers (»tragen den Samen«) gerichtet. Melchior Francks »Gleichwie der Blitz ausgehet« und Johann Herrmann Scheins »Ich freue mich im Herren« setzten die bereits erklungenen Auszüge fort.

Holger Gehring setzte dies sozusagen im Wortsinne fort, denn die beiden Orgelstücke von Herbert Howell waren Psalm-Präludien (Opus 32 Nr. 1 und 2), die dem ursprünglichen Text folgten: »Die auf ihn sehen …« (Psalm 34, 6) gewann nach gedämpftem Beginn ein milderes Licht, »Aber die Elenden werden das Land erben« (Psalm 37, 11) folgte einer noch singenderen Linie.
Mit »Eile Gott, mich zu erretten« von Willy Burkhard (aus »Kleiner Psalter«, Opus 82 Nr. 2) und Marcus Stevens eigenem »Und ich sah …« wandten sich die Sänger von VokalChoral dem zwanzigsten Jahrhundert und der Gegenwart zu. Hier war die Melodiösität zugunsten der Artikulation zurückgenommen, Burkhards »Hochgelobt sei Gott!« (Schluß des Liedes) hatte so auch den Ausdruck eines Rufes.

»Und ich sah …« steigerte dies noch, indem zunächst eine Erzählerstimme hervorgehoben war, während die übrigen für schwebende Vokalklänge sorgten. »Singet dem Herrn«, noch einmal von Willy Burkhard (Opus 82 Nr. 6), stand vor dem Wort zum Sonntag (Pfarrer Holger Milkau) nicht nur für eine moderne Fassung des bekannten Textes, sondern auch für eine emotionale Belebung.
Im dritten und letzten Abschnitt gab es mit romantischen Stücken eine harmonische Wendung. Max Regers »Dein Wort, o Herr, wohnt weit« (aus »Zwanzig Responsorien«). Das eingeschlossene »Ehre sei dem Vater und dem Sohne …« gab dem Text, der mit Hoffnung begonnen hatte, die Zuversicht. Max Bruchs »Im Himmelreich« (aus »Fünf Lieder«, Opus 90 Nr. 1) folgte einem harmonischen, unaufgeregten Verlauf. Betonung brauchte hier keine Überhöhung, sondern Verfeinerung, so fand das Lied zu einer Art Ruheschluß.

Mit »Dein, o Herr, ist die Kraft«, kehrte VokalChoral noch einmal zu Max Regers Responsorien zurück, bevor Albert Becker mit »Bleibe, Abend will es werden« (aus: Drei geistliche Lieder, Opus 36, Nr. 2) als Abendgruß die Gemeinde in die Nacht vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres verabschiedete.“
24. November 2025 | Wolfram Quellmalz | NMB | „Vielfalt dreier Zeitalter“