„Das Leben, ein Singen“ | Nachwuchsvesper des Dresdner Kreuzchores
30. Januar 2024
„Bei der Vesper mit dem Dresdner Kreuzchor standen dieses Mal die Nachwuchssänger im Mittelpunkt.
Die Zeiten, als Chorleiter aus dem Vollen schöpfen konnten, um guten Nachwuchs für ihre Ensembles zu finden, sind – leider – lange vorbei. In den Familien wird kaum noch gesungen. In den Schulen (mit Ausnahme einiger Spezialeinrichtungen) fällt das Singen auch immer mehr anderen Prioritäten zum Opfer.
Um diesbezüglichen künftigen Kalamitäten beim Dresdner Kreuzchor aus dem Weg zu gehen, wurde das Bemühen um den Nachwuchs hier weiter intensiviert. Und Kreuzkantor Martin Lehmann hat ein neues Vesper-Format kreiert, wo es ausschließlich um künftige Kruzianer geht. Sie fand jetzt so zum zweiten Mal statt und wurde insbesondere von Familien sehr gut angenommen (wenn man nur an das vollbesetzte Mittelschiff der Kreuzkirche denkt).
Thematisch stand diese letzte Vesper der Epiphaniaszeit unter den Themen Licht und Wasser – ersteres symbolisiert durch wunderschöne Laternen, die Kruzianer unter der Leitung von Saskia Winkel im Kunstunterricht hergestellt hatten. Für das Wasser als Sinnbild des Lebens stand auch das Taufbecken, in das Wasser gegossen wurde.
Sehr aufgeregt, mit glänzenden Augen harrten künftige Kruzianer, die zu Vorbereitungsklassen verschiedener Altersstufen gehörten, ihres Auftritts. Es ging nicht darum, dass lupenrein gesungen wurden. Ziel war es, die musikalische Vielfalt des Kruzianerseins zu präsentieren, die übergroße Lust und Freude daran. Und das gelang hervorragend. Schmunzelnd nahm man zur Kenntnis, dass es gar nicht so einfach war, geordnete Chorreihen zu bilden oder dass Nachbarn bei der Erkenntnis nachhelfen mussten, wann denn nun ein Lied zu Ende war. Und Eltern und Verwandte mit einem Winken zu grüßen – kein Problem.
Nachwuchsvesper des Dresdner Kreuzchores
Unter der Leitung von Kreuzkantor Martin Lehmann sangen Mitglieder des 3. bis 5. Schuljahres zunächst ausdrucksstark und klangschön eine Uraufführung, einen Introitus von Agnes Ponizil. Dass er hernach das Dirigentenpult Robert Vetter überließ, erschien im Konzept dieser Vesper nur logisch. Der junge Mann verdient
sich beim Dresdner Kreuzchor seine ersten dirigentischen Sporen. Mit großer Umsicht, Ruhe und anspornend hielt er die Fäden zusammen (was angesichts des Trubels in der Kirche und der hoch motivierten, kleinen Sänger gar nicht so einfach war) und erzielte durchweg gute Ergebnisse.
Neben den Vorbereitungsklassen hatte es Robert Vetter dabei auch mit den Singschulen Kreuz#Junior zu tun. Das ist eine Neuerung, die vom Förderverein Dresdner Kreuzchor initiiert wurde und deren Ziel es ist, im Dresdner Umfeld (derzeit in fünf Städten) sangesfreudige Sänger zu entdecken und abzuholen. Mit einem reizvollen Kanon „Hinter den Bergen“ wurde die Verbindung zur Vesper-Einleitung des Kreuzorganisten Holger Gehring hergestellt, der dafür eine Version von Griegs „Morgenstimmung“ aus „Peer Gynt“ wählte.
Apropos Kanon: Immer wieder war die große Gemeinde gebeten, solche zu singen, was nicht im Chaos endete, sondern in sängerischer Begeisterung.
In ganz kleiner Besetzung waren natürlich auch „richtige“ Kruzianer in der Vesper vertreten. Neben dem uralten Schulmotto „Schola crucis, schola lucis“ in der Fassung von Rudolf Mauersberger setzten sich die Männerstimmen auch mit einer Motette ihres Chorpräfekten Anton Matthes „Lux aurea“ (Uraufführung) auseinander. An der
schlichten Schönheit von Humperdincks „Abendsegen“, wie ihn sechs Knaben, rein und klar darboten, hatte man seine Freude.
Bevor Kreuzorganist Holger Gehring effektvoll und rasant mit Théodore Dubois’ Toccata G-Dur den Schlusspunkt unter diese besondere Vesper tat, beendete sie die gesamte singende Zunft mit dem schönen, alten Abendlied „Nun ruhen alle Wälder“.“
Mareile Hanns, Dienstag, 30. Januar 2024, DNN Kultur, Das Leben, ein Singen