
Dresdner Kreuzchor mit Bachs Johannespassion | „Eine andere Passion“ | 17.04.2025
20. April 2025
„Bachs Johannes-Passion beim Dresdner Kreuzchor. Die Passionsliteratur ist umfangreich, auch Bach hat mehr als die Matthäus-Passion geschrieben. Da ist z.B. seine früheste Vertonung nach dem Evangelisten Johannes, an der Bach ein Leben lang änderte und die im Charakter so völlig anders ist als die nach Matthäus.
Die Handlung in der Johannes-Passion ist (natürlich dem Bibeltext folgend) komprimierter und es gibt auch weniger Arien bzw. meditative Ruhepunkte. Aber sie ist unbestritten ein Meisterwerk, das nun seit 2011 nicht mehr beim Dresdner Kreuzchor erklang. Und auch die davor liegende Aufführung liegt Jahre zurück. So war die Entscheidung von Kreuzkantor Martin Lehmann nur begrüßenswert, in diesem Jahr auf die Matthäus-Passion zu verzichten und das Augenmerk auf die nach Johannes zu lenken.
Bachs Johannes-Passion beim Dresdner Kreuzchor
Ein kluger, gestalterischer Aufbau prägte den Abend. Man konnte sich sehr gut in die Bach-Zeit hineinversetzen und mit Phantasie vorstellen, wie eine sangesfreudige Gemeinde das gerade vorgetragene Passionsgeschehen reflektierte und dem etwa in den Chorälen Ausdruck gab. Letztere kamen in plausibler Differenzierungskunst zu Gehör, klanglich wunderbar ausbalanciert und wirkungsvoll, doch nicht vordergründig in den Akzenten.
Der schlanke, aber nicht verzagte Chorklang, seine Biegsamkeit kam den oft aufgewühlten Turbae zu Gute. Da war jeder einzelne wohl gelungen und überzeugend, z.B. der spöttische, von Bach dermaßen kontrastreich angelegte Chor „Wäre dieser nicht ein Übeltäter“, das unbändige Geheule der „Kreuzige“-Rufe, die präzise Wiedergabe von „Lasset uns den nicht zerteilen“. Ja, die Kruzianer befanden sich in guter, stimmlicher Verfassung und waren mit einem sehr großen Engagement bei der Sache.

Hoch expressiv, dennoch voller Feingefühl und mitreißend erklang es von den Orchesterpulten – natürlich, waren diese doch von der Dresdner Philharmonie besetzt. Delikate, anspornende Inspirationspunkte steuerte die prächtige Continuo-Gruppe um Kreuzorganist Holger Gehring am Cembalo sowie Johanna Lennartz an der Orgel bei. Die Philharmoniker bereiteten wie immer einen echten Hörgenuß, als Ganzes aber auch an den Soloinstrumenten, wie z.B. Heike Janicke und Markus Gundermann im Bass-Arioso „Betrachte, meine Seel“.
Bei den Solisten mußte man fix umdisponieren, denn der ursprünglich vorgesehene Evangelist hatte abgesagt. Doch es stand ja der „Passions“erfahrene Wolfram Lattke zur Verfügung, der wahrhaft Meisterliches leistete. An Lattkes Stelle sang Tobias Hunger die Tenor-Arien, wobei er vor allem in der Reue-Arie „Ach, mein Sinn“ überzeugte. Nobel und eindringlich war der Christus von André Morsch, während Jonathan Sells merkwürdig blaß blieb. Dazu kamen noch die schöne Altus-Stimme von Tim Mead sowie Hanna Herfurtner mit ihrem innig leuchtenden Sopran.
Mit dem naiven glaubensfesten Choral „Ach Herr, laß dein lieb Engelein“, für den der Kreuzkantor gestalterische Schlichtheit vorsah, ging die Aufführung zu Ende – von großer Stille in der Kreuzkirche aufgesogen.“
17.04.2025 | Mareille Hanns | DNN Kultur | „Eine andere Passion“
