„Marienlob – Dresdner Kreuzchor feiert den 1. Advent“ | 30.11.2024
4. Dezember 2024
Adventsvesper des Dresdner Kreuzchores: „In keinem Monat dürfte der Terminplan der Kruzianer so dicht sein wie im Dezember. Neben den Aufführungen des Weihnachtsoratoriums (13. bis 15. Dezember, zu denen in diesem Jahr erstmalig eine Schulaufführung kommt) und den Metten und Vespern zu den Feiertagen ist der Kreuzchor ab morgen bereits wieder auf Gastspielreise. Diesmal stehen fünf Stationen in Deutschland auf dem Programm, zwischen Bad Elster, Lörrach und Nürnberg. Um so wichtiger ist für Dresdner die traditionelle Kreuzchorvesper zum 1. Advent. Und wenn Rezensenten unterwegs sind, können sie die wichtigsten Stücke daraus am Sonntagmorgen noch einmal im Gottesdienst hören.
Dazu zählten gestern ganz sicher Jan Arvid Prées Introitus für den Ersten Sonntag im Advent sowie Antonio Vivaldis Magnificat für Soli, Chor und Orchester (RV 610). Der Kreuzchor war durch Sänger des Vocal Concert Dresden verstärkt, deren Leiter Peter Kopp auch das Dirigat übernommen hatte. Zumindest für diesen Termin im Jahr war das ungewöhnlich. Bei anderen Gelegenheiten arbeitet man allerdings seit langer Zeiz zusammen (wie bei den jährlichen Aufführungen des Deutschen Requiems), außerdem war Peter Kopp von 1995 bis 2017 Chordirigent der Kruzianer.
Dresdner Kreuzchor feiert den 1. Advent
Insofern ist er seither auch mit den Musikerinnen und Musikern des Philharmonischen Kammerorchesters Dresden vertraut. Der Introitus von Jan Arvid Prée faßte die Worte »Du, Zion, freue dich sehr« (Sacharja 9,9) und »Machet die Tore weit« (aus Psalm 24) in einer modernen, auf den Text fokussierten Weise auf. Einzelne Silben und Worte wie »Türen« erfuhren durch Betonung eine Hervorhebung, trotzdem blieb ein beständiger Fluß bis zum Gloria Patri bestehen. Vielleicht ist der Introitus insofern ein »Kind unserer Zeit«, da er gerade diese Textannäherung und den ankündigenden Charakter in den Blick nimmt, statt die Zeilen bereits mit festlichem Jubel zu schmücken. Schließlich – das ist heute kaum noch vorstellbar – war der Advent einmal eine stillere Zeit vor den Festtagen.
Natürlich sind die Gemeindelieder im Gottesdienst viel stärker verankert als in der Vesper. Bemerkenswert diesmal gleich doppelt, denn mit dem 1. Advent beginnt nicht nur das Kirchenjahr, sondern auch das Evangelische Gesangbuch. Und dort, gleich als Nr. 4, steht ein Lied, daß schon vor genau fünfhundert Jahren in den ersten Gesangbüchern zu finden war: »Nun komm, der Heiden Heiland«.
Spätestens mit dem Magnificat von Antonio Vivaldi kehrte ein wenig (mehr) Festglanz in die Kreuzkirche ein. Denn nun durften Kruzianer, Vocal Concert und Solisten loben, fast jubeln. Die ersten Teile trugen Lob und Preis noch bedacht vor, wobei man feststellen durfte, daß schon Vivaldi mit der Betonung einzelner Worte oder Silben gearbeitet hat (wie im Chor »timentibus eum« / die ihn fürchten). In den folgenden Teilen (Chor »Deposuit potentes de sede« / Die Mächtigen stürzt er vom Thron und Duett »Esurientes implevit bonis« / Die Hungernden erfüllt er mit Gütern) wuchsen die beiden Chöre bzw. die beiden Solistinnen Dorothea Wagner und Luise Sitzlack emotional beeindruckend zusammen.
Für das Philharmonische Kammerorchester Dresden gehört die Musik Vivaldis ohnehin zum »musikalischen Heimatbestand«, jedoch wollen Balance und Betonung immer wieder neu belebt werden. Das gelang bis zum feierlichen Schlußsatz und dem davor eingeschobenen Terzett (mit Dorothea Wagner und Luise Sitzlack mit Stephan Keucher).
Aufmerksame Besucher merkten bei der Musik zur Ausspendung auf: Heinrich von Herzogenbergs Motette »Freue dich, du Tochter Zion« folgt dem eher zurückhaltenden Gestus eines stillen Adventliedes – da schien Jan Arvid Prées gemäßigter Introitus plötzlich noch verständlicher. Kreuzorganist Holger Gehring betätigte sich danach als Sendbote an der Gemeinde und sorgte mit Johann Sebastian Bachs Choralbearbeitung »Nun komm, der Heiden Heiland« (BWV 661) für einen hellen adventlichen Lichtschimmer.“
2. Dezember 2024 | Wolfram Quellmalz | NMB | „Marienlob“