„Kruzianer begeistern mit Brahms“ | Brahms Requiem am 16.11.2025
20. November 2025
Brahms Requiem 2025: „Es klingt wie aus einer anderen Welt: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“ Am Volkstrauertag mischten sich wieder Vocal Concert Dresden, der Dresdner Kreuzchor und die Dresdner Philharmonie für Brahms‘ „Ein Deutsches Requiem“.
Den sphärischen, verheißungsvollen Klängen des Eingangschores folgt der fast fatale Trauermarsch, der die Vergänglichkeit des Irdischen, das Fortschreiten auf ein Ende hin illustriert. Unerbittlich hält Brahms mit den Worten des Petrusbriefes allen Menschen die Tatsache vor Augen, dass „alle Herrlichkeit des Menschen“ ein Ende hat. Das klassische Requiem aeternam bedeutet ewige Ruhe, andere sprechen vom ewigen Leben. Brahms vertont nachdrücklich „ewige Freude“.
Brahms Requiem mit dem Dresdner Kreuzchor
Wie unterschiedlich ist der Tod. Sphärische Klänge, düsterer Trauermarsch. Das Sopransolo, mit klarer Artikulation und hoffnungsvollem Strahlen von Valentina Farcas gesungen, begründet die ewige Freude mit der Verheißung des Wiedersehens. Wer glauben kann, dass Leben nicht mit dem Tod endet, kann diese Hoffnung teilen. „Ich will euch wiedersehen.“ Der Abschied ist nicht endgültig.

Krešimir Stražanac, der das Baritonsolo für den erkrankten Sebastian Wartig übernahm, führt die dramatische Steigerung der Komposition ein: „… ich sage euch ein Geheimnis“. Ganz geheimnisvoll antwortet der Chor, wiederholt die Geheimnisse des Glaubens von Tod, Auferstehung und schließlich einer neuen Welt: „… wir werden alle verwandelt werden.“ Es ist beeindruckend, wie der genau studierte Chor mit gut verständlicher Artikulation die Geschichte weitererzählt, die Verwandlung als einen Kampf schildert, in dem Altes überwunden werden muss.
Ist diese „Verwandlung“ ein Vorgang, der mit uns geschieht, oder sind wir daran beteiligt? Wie müssen wir uns verwandeln, dass der Tod seinen Stachel und die Hölle ihren Sieg verliert? Brahms hat den Chor hier in eine mitreißende Aktivität geführt, die Kreuzkantor Martin Lehmann genau umsetzte. Seine Interpretation ist ansteckend,
führt die Worte in Zusammenhang.
Warum klingt das Deutsche Requiem am Ende ganz ähnlich wie am Beginn? „Selig sind die Toten.“ Wie oft muss man diesen Satz wiederholen, bis er glaubhaft wird? „Sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Man hört regelrecht, wie sie voranschreiten. Die Seligkeit, die Ruhe, der Friede, ja die Freude nach dem Tod steht in
unmittelbarem Zusammenhang zu dem, was man zu Lebzeiten getan hat.
Das Brahmsrequiem kann Trost spenden. Der Interpretation in der Kreuzkirche ist es wieder gelungen. Vielleicht hat sie auch Gedanken ausgelöst, sich zum eigenen Sterben zu befragen und nicht zu warten, bis diese Chance verpasst ist.“
18.11.2025 | Jens Daniel Schubert | SZ Feuilleton | „Kruzianer begeistern mit Brahms“

„Voller Gewissheit“
„Der Kreuzchor brachte Brahms’ „Ein deutsches Requiem“ zu Gehör.
Als tief gläubiger Protestant war es für Johannes Brahms ganz selbstverständlich, in seinem Requiem auf die Schrecken von Hölle und Fegefeuer zu verzichten und stattdessen auf milden Trost und das unumstößliche Vertrauen in Gottes Wort zu setzen. Und wenn man dieses Totengedenken Jahr für Jahr mit dem Dresdner Kreuzchor erlebt, so ist Kreuzkantor Martin Lehmanns empfindsame, genau durchdachte Deutung, die jedem Pathos, jeder emotionalen Übertreibung abhold ist, optimal geeignet, sich in Herzen und Gemüt der Gemeinde einzupflanzen. Das war jetzt nicht anders.

Es ist eine Tatsache, dass die vor Jahren getroffene Entscheidung, beim Brahms-Requiem mit Peter Kopps Vocal Concert zusammenzuarbeiten, nicht nur vernünftig ist, sondern auch dem Durchschlagsvermögen und der stimmlichen Leuchtkraft, namentlich der Soprane, nur gut tut und dem Werk dient. Da sich der Kreuzkantor zudem auf eine wohl balancierte Stimmmixtur versteht, ist der Erfolg des Weges garantiert.
Mit Macht strebte die Interpretation der ehernen Zuversicht des aus zaghaften Moll aufsteigenden „Aber des Herrn Wort“ zu – eine präzise geformte Fuge. So klingt Hoffnung wollte man im zuversichtlichen Bekenntnis „Ich hoffe auf dich“ rufen. Warum der Kreuzkantor in einigen Fugen, zum Beispiel „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand“ so sehr eilte, war wohl mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks. Stimmliche Mattigkeit im Chor, etwa nach dynamischen Herausforderungen, gab es gar nicht. Man legte in Übereinstimmung mit Lehmann viel Wert auf lebendig wachsende, nicht aufgesetzte Kontraste, auf Plastizität und Kraft ganz im Sinne der inhaltlichen Aussage des Requiems.
Einfühlsam und präzise widmete sich der Kreuzkantor den orchestralen Linien, die der Dresdner Philharmonie oblagen.
Gut, wenn auch nicht auf allerhöchstem Niveau fügten sich die Solisten Valentina Farcas (weniger Vibrato wäre gut gewesen) und der kurzfristig eingesprungene Krešimir Stražanac in das Gesamtkonzept ein.
Tiefe, lange Stille am Ende – eindrucksvoller kann ein Brahms-Requiem nicht enden.“
18.11.2025 | DNN Kultur | „Voller Gewissheit“